Viele die mit chronischen Schmerzen in meine Praxis kommen haben einen medizinischen Marathon hinter sich. Kein Organbefund, keine Erklärung, kein Verständnis und zum Schluss meist die Aussage eines Arztes: « Wir haben nichts finden können, Ihre Schmerzen sind psychisch.»
Oder es sind zwar organische Ursachen feststellbar, aber nicht zu beheben oder in Ausmass und Schwere nicht ausreichend, um die Intensität der Schmerzen zu erklären.
Mit diesen Worten werden die Patienten dann nach Hause geschickt, sich selbst überlassen und die Schmerzen sind immer noch da. Was nun?

Nervenzellen lernen schnell. Wenn sie über einen längeren Zeitraum immer wieder Schmerzimpulsen ausgesetzt sind verändern sie ihre Struktur, ihren Stoffwechsel. Sie bilden vermehrt Rezeptoren aus, die schon bei schwachen Reizen oder sogar ohne jeglichen Reiz Schmerzsignale an das Gehirn weiterleiten. Die Nervenimpulse verselbständigen sich, die Zelle kann nicht mehr abschalten: Sie hat ein sogenanntes Schmerzgedächtnis entwickelt. Der Schmerz ist nicht länger ein nützliches Warnsignal, er ist selbst zur Krankheit geworden. Der Betroffene spürt somit Schmerzen, obwohl die einstige Ursache nicht mehr besteht. Doch egal wie viele Nervenimpulse gesendet werden, erst das Gehirn entscheidet darüber, ob diese Information nun als Schmerz wahrgenommen wird oder nicht. Oder noch klarer gesagt: Schmerz entsteht im Kopf und genau dort kann er auch wieder ausgeschaltet werden.

Hypnose ist eine faszinierende Möglichkeit, um ungeahnte Kräfte, Stärken und Fähigkeiten zu mobilisieren und ist eines der ältesten Verfahren zur Behandlung von körperlichen und seelischen Erkrankungen.
In Hypnose nehmen wir Schmerzen nicht so wahr, dies haben eine Reihe von Studien bereits eindrucksvoll gezeigt. Die Schmerzinformation gelangt zwar zum Gehirn, doch dieses Schmerzsignal wird mittels Hypnose verändert, so dass wir weniger, oder bestenfalls überhaupt keinen Schmerz wahrnehmen. Dies funktioniert beim Zahnarzt ebenso wie bei chronischen Schmerzen, beispielsweise bei Rückenleiden, Rheuma und Migräne, sogar im Fall anstehender Operationen.
Mit einfachen Selbsthypnose-Techniken können sie lernen, einen Schmerz zu kontrollieren. Dadurch lässt sich die Einnahme von Arzneimitteln reduzieren oder im besten Fall sogar ganz einstellen.
Es gibt eine Vielzahl veröffentlichter, gut überprüfter Studien über die Hypnose in der Chirurgie. In einem Vergleich von 18 Studien zu diesem Thema ergab sich, dass bei den meisten Patienten, die mit Hypnose behandelt wurden mittlere bis starke Effekte verzeichnet werden konnten, beispielsweise eine geringere Schmerzwahrnehmung, ein geringerer Schmerzmittelbedarf und ein schnellerer Heilungsverlauf.

Es existieren ebenfalls Nachweise, dass Hypnose die Verarbeitung von Schmerzsignalen im Gehirn verändert. In einer durchgeführten Studie wurden die Gehirnaktivitäten von Freiwilligen, die ihre Hände in heisses Wasser hielten mit Hilfe eines PET-Scan ( Gerät zur Messung elektrischer Potenziale im Gehirn, mit dessen Hilfe Verarbeitungsprozesse nachvollzogen werden können) gemessen. Anschliessen wurden sie hypnotisiert und erhielten die Suggestion, das Wasser sei nun nicht mehr so heiss. Unter Hypnose wurde wiederum ein PET-Scan durchgeführt und er zeigte deutlich weniger Aktivität im vorderen cingulären Kortex, einem Teil des Gehirns, der an der Verstärkung und Verarbeitung unangenehmer Gefühle beteiligt ist und die Schmerzwahrnehmung beeinflussen kann. Die Ergebnisse lassen vermuten, dass trotz dass das Gehirn weiterhin in der Lage ist, Schmerzsignale zu registrieren, die Schmerzwahrnehmung mit Hilfe von Hypnose bei Patienten gesenkt werden kann und die Hypnose ihnen somit dabei helfen kann, ihre Schmerzwahrnehmung von unangenehmem Leidensweg wegzulenken.

Quellen:
– Dirk Revenstorf, Burkhard Peter Hrsg. Hypnose in Psychotherapie, Psychosomatik und Medizin 2015
– Fachmagazin Nature neuroscience
– Deutsches Ärzteblatt 2001 (Deutscher Ärzteverlag GmbH)